Synagoge

Die Aufteilung der jüdischen Dreigemeinde in Hamburg 1812

von Simon Hollendung

5.3.2 Die Auswahl der Notabeln

Um die Notabeln der Juden zusammenzurufen, erstellte das statistische Bureau in sehr kurzer Zeit zwischen dem 7. und 16. Mai einen Zensus über die in Frankreich lebenden Juden. Die ermittelte Zahl von 64.000 Juden – ohne die italienischen Gebiete – ergab sich auch bei späteren Erhebungen als ziemlich genau.
Nach diesem Zensus wurde die Anzahl der Deputierten nach einem Dekret vom 30. Mai festgelegt. Die Juden aus dem Süden wurden dabei bevorzugt, „weil man wusste, dass der Süden den Assimilationsbestrebungen der Regierung geneigter war als der Norden.“[148]
Ein genauer Schlüssel sollte dem Rechnung tragen und dann die Juden vor Ort von den jeweiligen Polizei-Präfekten ausgewählt werden. Viele Präfekten taten dies mit großer Sorgfalt und benannten ausschließlich Juden, die in ihren Departements als bedeutende Persönlichkeiten galten, so dass van der Walde die Wahl der Deputierten als „eine sehr glückliche“[149] bezeichnet. Insgesamt wurden 112 Deputierte ausgesucht, 95 aus französischen und zusätzlich 17 aus italienischen Gebieten und selbst Molé gewann angesichts der anstehenden Versammlung der geachteten und einflussreichsten Juden Europas einen positiven Eindruck.

„Unter ihnen befanden sich Männer, die mit Eifer für die Ideen der Emanzipation eingetreten waren, so z.B. Berr-Isaac-Berr, der schon früh von der Überzeugung durchdrungen war, dass sich das Judentum mit Patriotismus für das Land, das ihm die Menschenrechte wiedergegeben habe, einsetzen müsse. Ferner befand sich unter ihnen sein Sohn Michael Berr, der erste jüdische Rechtsanwalt Frankreichs, der 1801 einen Aufruf aller Einwohner Europas, welche die jüdische Religion bekennen an die europäischen Fürsten erließ, in dem er sie aufforderte, den Juden die ihnen so lange enthaltene Freiheit zu gewähren. Eine der markantesten Persönlichkeiten stellte der von dem Département Gironde gewählte Abraham Furtado dar. Als Sohn einer aus einer marranischen Familie stammenden Mutter wurde er in London geboren und jüdisch erzogen. Er verstand die jüdische Literatur und sammelte Material für eine jüdische Geschichte. Während der Revolution schloß er sich den Girondisten an und musste als deren Anhänger während der Schreckensherrschaft [Robespierres] fliehen. In der Notabelnversammlung wurde er zum Vorsitzenden gewählt und hat sich als solcher durch Takt und Beredsamkeit die Sympathien vieler erworben. […]
Zu den geachtetsten Persönlichkeiten gehörte ferner David Sinzheim, Rabbiner aus Straßburg. Er war ein Mann von patriarchalischem Wesen, von sittlichem Ernst und liebenswürdiger Milde. Auf dem Gebiet des Talmudstudiums besaß er große Fähigkeiten. […]
Zu erwähnen wäre noch Jacob Lazare, der infolge seiner Redegewandtheit und seiner Sanftmut geeignet war, etwaige Differenzen im Keime zu ersticken. Der bedeutendste der italienischen Deputierten war Abraham Vita di Cologna. Rabbinisch und zugleich wissenschaftlich geschult war er als Rabbiner von Mantua in das Parlament des Königreichs Italien gewählt worden. Er neigte der neuen Richtung zu, die dem Judentum ein europäisches Gepräge geben wollte.“[150]

[148] Ebd., S. 35.

[149] Ebd.

[150] Ebd., S. 35f (Hervorhebungen S.H.).
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