|
5.5 Das Sanhedrin
Am 9. Februar 1807 wurde das Sanhedrin schließlich feierlich eröffnet. David Sinzheimer wurde zum Präsidenten ernannt und Josua Ségre und Abraham Cologna aus Italien seine Beisitzer.
In einem feierlichen Umzug ging es zur geschmückten Synagoge, wo ein Gottesdienst und mehrere Ansprachen gehalten wurden. Nach van der Walde riefen mehrere jüdische Redner „Es lebe der Kaiser, es lebe die Kaiserin, es lebe die kaiserliche Familie und die tapfere französische Armee“.[166]
Fast schien es wie ein halbes Jahrhundert später in Deutschland, dass nach den langen Jahrhunderten der Unterdrückung jede kleinste Hoffnung auf Besserung und Bürgerrecht schnell umschlug in einen neuen verhängnisvollen Patriotismus.
Sitzungsort des Sanhedrins war das Rathaus, wo in strenger Sitz- und Kleiderordnung vom 9. Februar bis zum 9. März 1807 getagt wurde.
Abraham Furtado war als Präsident der Notabeln und Mitglied des Sanhedrin sehr an einem Gelingen gelegen, verschiedene orthodoxe Kreise sahen sich dagegen unter großem Druck, gegen ihre eigentlichen Ansichten zustimmen zu müssen. Dieser Druck hatte sich von Außen aufgebaut, indem die orthodoxe Partei von vornherein für ein eventuelles Scheitern verantwortlich gemacht worden war.
Wie allerdings die 12 Fragen zu beantworten waren, darüber herrschte Unklarheit. Es hatte keine genauen Anweisungen gegeben. Napoleon hatte sich immer nur über einzelne Punkte geäußert, die ihm besonders wichtig waren, wie die Militärerhebung und die Macht der Rabbiner, die kontrollierbarer werden sollte.[167]
Der Innenminister versammelte schließlich noch einmal die Notabeln, von denen viele schon ungeduldig geworden waren, weil sie den Paris-Aufenthalt nicht länger bezahlen konnten, um Entscheidungen herbeizuführen.
„Die Entscheidungen, die das Sanhedrin zu gesetzmäßigen und demnach für das Judentum bindenden Entscheidungen formulierte, stellen im großen und ganzen die Annahme der von der Notabelnversammlung getroffenen Beschlüsse dar. In einem Punkt weichen sie von den Instruktionen Napoleons ab, nämlich in dem Verlangen, die Mischehen zu empfehlen. […] Eine Ausnahme dieser Bestimmung konnte vom Sanhedrin nicht verlangt werden, da sie im Widerspruch mit den Religionsgesetzen stand.“[168]
Danach kam es zu kleineren Unstimmigkeiten, ob das Sanhedrin weiter tagen sollte, um sich z.B. mit Fragen der Organisation des Kultes zu befassen. Die Neuner-Kommission verwies diese Fragen an die Notabelnversammlung. Champaguy ließ sich versichern, dass die Notabelnversammlung den Vorschlägen Napoleons folgen werde und löste das Sanhedrin auf.
[166] In: Van der Walde (1933), S. 49.
[167] Brief Napoleons vom 3. September 1806, der bezüglich der zu klärenden Angelegenheiten von Notabelnversammlung und Sanhedrin Vieles offen lies. In: Van der Walde (1933), S. 50.
[168] Ebd, S. 51.
|