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2.4 Sabbatianismus und weitere innerjüdische Probleme der sephardischen Gemeinde
In Hamburg wurde dagegen durch viele Verbote und gelegentliche Übergriffe seitens der Bevölkerung die Unsicherheit weiter geschürt. Trotz des materiellen Wohlstands vieler Juden machte sie dies anfällig für den Sabbatianismus[27]. Diese Bewegung deutete aus Verfolgungen und Leid vieler Gemeinden, vor allem in Osteuropa, die Ankunft des Messias für das Jahr 1666. Allerdings hatte diese Bewegung in Jacob Sasportas auch einen entschiedenen Gegner in Hamburg.
Die Gemeinde war in dieser Frage gespalten und das christliche Umfeld reagierte mit gewalttätigen Übergriffen auf die messianische Prophetie. Diego Teixeira de Sampayo, der 1646 nach Hamburg übergesiedelte Hofbankier der schwedischen Königin Christine musste als "reicher Jude" Anfeindung und Verfolgung in dieser Zeit erleben. Als die zum Katholizismus konvertierte Königin 1667 bei einem Besuch im protestantischen Hamburg in der Residenz ihres jüdischen Hofbankiers den Papst ehrte, wollten aufgebrachte Bürger das Haus anzünden.[28]
Dem Einfluss Diego Teixeiras de Sampayo war es zu verdanken, das ein neuer Versammlungsort gebaut wurde. Die alte Synagoge, wie sie offiziell nicht heißen durfte, am Dreckswall war zu klein geworden. Es folgten Jahre der Anfeindung dieser neuen Satansschule, wie Pastor Gesius von der St. Nikolai-Kirche sie nannte.[29]
Nach dem Tod mehrerer reicher Gemeindeglieder und dem damit verbundenem Kapitalschwund traf die erhöhten Abgaben an die Stadt seit 1697 die Gemeinde besonders schwer. Einige reiche und angesehene Sephardim wanderten über Altona und Ottensen nach Amsterdam aus und zurück blieb eine Gemeinde im Streit, die sich sogar zwischenzeitlich aufspaltete. Weitere gingen in die toleranteren dänischen Städte Altona und Ottensen, was die Verbliebenen an den Rand des Ruins brachte. Der Hamburger Senat machte daraufhin Zugeständnisse.
Das Kaiserliche Reglement der Judenschaft in Hamburg, so portugiesischer als hochdeutscher Nation vom 7. September 1710[30] regelte vor allem das Wohnrecht.
Dieses Reglement war besonders für die Aschkenasim[31] wichtig, weil ihr Offenthaltsrecht zuvor ohne rechtliche Grundlage war. Allerdings wurden auch erstmals sephardische und aschkenasische Juden rechtlich gleich gestellt und ihre Belange von alltäglichen bis religiösen Fragen konservativ-restaurativ festgeschrieben.[32]
Dies führte in den kommenden 100 Jahren, die quellenmäßig schlecht belegt sind, zu keinen sichtbaren Verbesserungen. Die Anzahl der Sephardim ging deutlich zurück und die Restgemeinde stritt um religiöse Bestimmungen. Deswegen traf die Franzosenzeit "Bet Israel" schwer. 1827 war man so verarmt, dass Grundbesitz verkauft werden musste.
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[27] Anfälligkeiten vor dem Sabbatianismus und vor allem die Angst vor einer Verführung der Gemeindemitglieder spielen auch eine wichtige Rolle im „Hamburger Amulettenstreit“ der aschkenasischen Dreigemeinde, vgl. Kap. 3.6 dieser Arbeit.
[28] Vgl. Böhm (1991), S. 31.
[29] Ebd, S. 32.
[30] StaAHH Bestand Senat Cl. VIII Lit. Hf No.5 Vol 1 a, abgedruckt als Anhang A dieser Arbeit.
[31] Vgl. daher Kap. 3.5 dieser Arbeit.
[32] Vgl. Graupe (1973), S. 27.
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